in der Ausschusssitzung für Stadtentwicklung Bauen und Wohnen (10.10.2022)
Richtigstellung der BI Plänterwald zu den Aussagen des Staatssekretärs für Bauen und Wohnen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen des Landes Berlin
Hr. Chr. Gäbler in der 13. Ausschusssitzung für Stadtentwicklung am 10.10.2022
Sehr geehrte Damen und Herren Senator*innen, sehr geehrte Abgeordnete auf Senats- und Bezirksebene, sehr geehrter Herr Gäbler, einst gegründet für den Erhalt sozialer Räume, für Mitbestimmung durch Sie vertretene Bürger*innen in puncto Stadtentwicklung und zur Stärkung der Bindung zwischen der offiziellen Bezirkspolitik und eben diesen Bürger*innen, sind wir heute ein weiteres Mal an einen Punkt gekommen, welcher viele von uns sprachlos zurücklässt. Mit den aktuellen Äußerungen des Staatssekretärs Gäbler zum Thema Nachverdichtung in Plänterwald in der Sitzung für Stadtentwicklung im Ausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Montag, den 10.10.2022 (Zitat. „Plänterwald ist ein ganz gutes Beispiel.“) Es gäbe keine Innenhofbebauung, nur eine Blockrandbebauung und die Bebauung eines Parkplatzes, begeht er nicht nur einen Verrat an all dem, was Bürger*innen seiner Stadt hart in vielen Stunden gemeinschaftlicher Arbeit mit Bezirkspolitik und anderen Akteuren erarbeitet haben, vielmehr erschüttern seine Aussagen das Grundvertrauen aller Betroffenen in die Demokratie und deren Funktion.
Zur Erinnerung: Seinen Ursprung nahm alles mit den Plänen zur Nachverdichtung in Plänterwald, der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land. Es sollten nach den bisherigen Plänen sechs Blöcke in eine bestehende Siedlung nachverdichtet werden. Eine Siedlung, welche sich durch eine bisher hohe Lebensqualität auszeichnet und eine „für die Zeit und die gegebenen Umstände“ intakte Stadtnatur. Eben dieses Stück Stadtgrün, welche immer wieder auch im politischen Raum als schützenswert angesehen wurde, soll nun mit einem Fingerzeig zerstört und ersatzlos durch eine vollversiegelte Fläche entfallen.
Wir stellen fest: Grundsätzlich ist jedem Bürger und jeder Bürgerin die Wichtigkeit Wohnraum zu schaffen bewusst. Auch das ist einer der Gründe, warum die BI Plänterwald es geschafft hat, in nur wenigen Wochen des vergangenen Jahres so viele Menschen zu mobilisieren. Hier wurde nicht nur gemeckert und alles schlecht geredet, nein vielmehr wurden in Stunden mühevollster Kleinarbeit Kompromisse gesucht, gefunden, diskutiert, verworfen und wieder von vorn begonnen. Das sollte auch dem Staatssekretär Herrn Gäbler aus der täglichen Arbeit nicht fremd sein. Am Ende stand ein für alle Seiten tragbarer Kompromiss zu den Bauplanungen im Quartier, hier bei uns in der Siedlung.
Drei der geplanten Blöcke in Plänterwald sollten wie geplant errichtet werden. Die drei großen Blöcke rund um den großen Innenhof Orionstraße / Am Plänterwald / Neue Krugallee sollten eine neue Baufläche rund um die Galileistraße erhalten. Der Kompromiss sah vor, dass eine Fläche mit einem Mehrwert für die hier lebenden Menschen und die darin heimische Tier- und Pflanzenwelt geschützt und stattdessen eine an einer bereits erschlossenen Straße liegenden Grünfläche bebaut wird. Alle Akteure, ganz gleich ob auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene waren sich einig, hier kann ein für alle Seiten tragbares Konzept entwickelt und realisiert werden.
Auch wenn die Grundprobleme des Stadtteils nicht gelöst waren, so hatten wir mit dem ausgehandelten Kompromiss doch die Möglichkeit einen Auftakt zu machen den Stadtteil Plänterwald unter der Mitwirkung aller und vor allem unter der Mitwirkung der diesen vertretende Bürger*innen zu einem zukunftsträchtigen Stadtteil zu entwickeln und die Nachverdichtungsdebatte von einem Streit zu einer Lösung zu bringen und diese Lösung zum Ausgang für etliche andere offene Fragen und Probleme zu machen. Denn es klemmt an so vielen Ecken in Plänterwald. Auf der einen Seite der Ausbau der Bundesstraße und auf der anderen Seite die Schaffung eines neuen Orts für Kunst und Kultur im alten Spreepark. Mittendrin sind nun die Menschen, welche neben diesem Wandel, auch noch um ihren Rückzugsraum fürchten müssen. Um einen Raum, an dem sie nach einem langen Tag auf der Arbeit nach Hause kehren können und ihre Kinder aufwachsen sehen können. Herr Staatssekretär Gäbler, Sie sagen selbst, dass die soziale Infrastruktur (Kita, Schulen, Grünflächen, Spielflächen, Nahversorgung) an den Bedarf der Anwohner*innen angepasst werden muss. Hier in Plänterwald hatten wir bereits vor dem Nachverdichtungsprojekt der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land ein großes Infrastrukturproblem. Für Eigentumswohnungen wurde bereits 2019 einer der beiden Supermärkte in unserem Kiez abgerissen. Es gibt zu wenig Schul- und Kitaplätze. Es gibt keine Treffpunkte, weder für Senior*innen noch für Kinder oder Jugendliche. Die ärztliche Versorgung in unserem Kiez ist mittlerweile auf Null.
Mit der einseitigen Aufkündigung des Letter of Intent im Februar 2022 (einen Tag nach Erhalt der Baugenehmigung) durch die Vertreter*innen der Stadt und Land verspielten Sie, durch die politische Rückendeckung auf Senatsebene, das Vertrauen der hier lebenden Menschen und die Chance das zu erhalten, was uns allen das Wichtigste in diesen Zeiten sein sollte, unsere freiheitliche Demokratie. Denn diese kann nur gemeinsam mit den Bürger*innen funktionieren, die Sie vertreten wollen. Politik kann nicht mit dem Holzhammer von oben nach unten funktionieren. Aber genau das wird hier getan im Bezirk und durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Bauen und Wohnen.
Nur der Hartnäckigkeit der Anwohner*innen, der Kommunalpolitiker*innen und des Bezirksamtes ist es zu verdanken, dass die Stadt und Land die Verhandlungen zu der Kompromisslösung wieder aufnahmen. Jedoch nur unter der Bedingung, dass in unserem kleinen Kiez, auch auf der Tauschfläche, maximal versiegelt und nachverdichtet wird anstatt auf der Grünfläche, die unseren Kiez verbindet und wo alle Anwohner*innen sich treffen. Der aktuelle Stand ist folgender: Auf derzeit drei Innenhöfen werden drei Wohnblöcke errichtet, der vierte Wohnblock wird jetzt ab Oktober 2022 gebaut und im Frühjahr sollen auf der Tauschfläche im Kiez drei weitere Wohnblöcke errichtet werden. Das heißt: in unserem kleinen Kiez werden nun statt der geplanten sechs Wohnblöcke sieben Wohnblöcke auf Innenhöfen und grünen Freiflächen gebaut mit insgesamt mindestens 130 Wohnungen. So sieht der „Kompromiss“ der Stadt und Land aus und Sie verklären das als Musterbeispiel? Hier findet eine Maximalversiegelung statt, ohne Rücksicht auf den Klimaschutz, ohne die Infrastruktur mit zu planen und zu bauen und vor allem ohne je mit den Anwohner*innen ins Gespräch gegangen zu sein. Im Übrigen gibt es hier keinen Parkplatz, der bebaut wird und keine Blockrandbebauung. Herr Staatssekretär Gäbler, das nennen Sie „Plänterwald ist ein ganz gutes Beispiel“?
Für uns Anwohner*innen und mehrere hundert Aktive der Bürgerinitiative ist dies jedoch: über die Köpfe der Anwohner*innen hinweg wird hier ein ganzer Kiez zerstört, inklusive der grünen Innenhöfe - unsere Nachbarschaft wird betoniert und der Ort für Spaziergänge und Kinderspielen von Menschen in kleinen Wohnungen wird zerstört!
Sehr geehrter Herr Gäbler, kommen Sie zu uns – machen Sie sich ein Bild von der aktuellen Situation und sprechen Sie mit den Menschen vor Ort. Dann sprechen Sie mit Ihrem Amtskollegen Herrn Senator Geisel und unterstützen Sie uns dabei, nicht nur ein nachhaltigeres Berlin zu schaffen, sondern ein lebens- uns liebenswertes Stück Berlin zu erhalten.
Katja Brauer
Bürgerinitiative Plänterwald
20. Oktober 2022